Bebauungsplan Nr. 53 der Gemeinde Flintbek für das Gebiet "An der Straße "Zur Heide", östlich der Straße "Röthsoll", südlich der Straße "Christiansruh" (Vorranggebiet Windenergienutzung)" hier: Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses (SV)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Gemeindevertretung, 05.10.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeindevertretung Flintbek (Gemeinde Flintbek) Gemeindevertretung 05.10.2022 ö 5

Sachbearbeiter/in
Jürgensen Ken

Rechtliche Bedeutung

Satzung

Finanzielle Auswirkungen

Die Kosten für die Bauleitplanung sind durch die Gemeinde Flintbek zu tragen.
Erforderliche Gutachten können ggf. vom Vorhabenträger zur Verfügung gestellt werden.

A Sachverhalt

Mit der Veröffentlichung des dritten Entwurfs der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes (LEP), mit seinen Regionalplänen zum Sachthema Windenergie, bestand vom 13.01.2020 bis zum 13.03.2020 die Möglichkeit Stellungnahmen beim zuständigen Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration und Gleichstellung abzugeben.
Für den ersten und zweiten Entwurf des LEP – und den darin enthaltenen Vorranggebieten PR2_RDE_074 – hat die Gemeinde Flintbek vom Anwaltsbüro BROCK MÜLLER ZIEGENBEIN Stellungnahmen erarbeiten lassen und diese im Juni 2017 (erster Entwurf) bzw. im Dezember 2018 (zweiter Entwurf) beim zuständigen Ministerium abgegeben.
Der seitens der Gemeinde Flintbek für den zweiten Entwurf des Regionalplanes eingereichten Stellungnahme wurde nicht gefolgt.
Neben der Auswertung der Stellungnahmen zum zweiten Entwurf, wurde zugleich der dritte Entwurf zu den Regionalplänen I-III (Sachthema Windenergie) am 17.12.2019 von der Landesregierung beschlossen und veröffentlicht. Gegenüber dem zweiten Entwurf sind darin Anpassungen im Textteil, dem Umweltbericht und zahlreichen Datenblättern vorgenommen worden. Das Vorranggebiet PR2_RDE_074, nordöstlich von Großflintbek, blieb jedoch unverändert. Auf Grund des Beschlusses des Umwelt- und Wegeausschusses vom 13.02.2020 wurde zu dem 3. Entwurf eine weitere Stellungnahme durch die Gemeinde Flintbek eingereicht (siehe hierzu Sitzungsvorlage Umwelt- und Wegeausschuss vom 13.02.2020). 
Nach langanhaltender Prüfung der eingegangenen Stellungnahmen hat die Landesregierung im Sommer 2020 den dritten Durchlauf abgeschlossen. Aus der Synopse ergaben sich abermals keine Änderungen am Vorranggebiet PR2_RDE_074.Die Landesplanung hat daraufhin die vierten Entwürfe für die Teilregionalpläne Wind fertiggestellt. Gegenüber den vorhergehenden dritten Entwürfen gab es 22 große und rund 85 kleinere Änderungen. Mit den Entwürfen werden 2,03 % der Landesfläche als Vorranggebiete ausgewiesen. Insgesamt wird es 334 Vorranggebiete geben, davon 35 für Repowering.
Die vierte Anhörung erfolgte nach einem anderen Prinzip als in den vorhergehenden Anhörungen. Ausgelegt wurden nur noch diejenigen Gebiete, in denen sich gegenüber dem vorhergehenden Entwurf Änderungen ergeben hatten. Von knapp 970 Datenblättern der dritten Entwürfe blieben rund 90 % unverändert. Lediglich 107 Datenblätter sind in die vierte Anhörung gegangen.
Das Datenblatt für das Vorranggebiet PR2_RDE_074 war nicht Bestandteil dieser Anhörung. Somit konnten für dieses auch keine weiteren Stellungnahmen abgegeben werden.
Die Landesregierung hat am 29. Dezember 2020 die Regionalpläne Windenergie endgültig beschlossen. Am 31. Dezember 2020 lief das Windenergie-Moratorium aus. Seit dem 1. Januar 2021 gelten die neuen Regionalpläne.
Das Eignungsgebiet der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes, mit seinen Regionalplänen zum Sachthema Windenergie, ist auch ohne kommunale Bauleitplanung mit Windenergieanlagen bebaubar.
Durch die Aufstellung des B-Planes Nr. 53 beabsichtigt die Gemeinde Flintbek jedoch im Rahmen ihrer Planungshoheit die Windenergienutzung städtebaulich zu steuern und eine Feinsteuerung der Ausweisung des Vorranggebietes vorzunehmen. 
Das Vorranggebiet liegt östlich des Siedlungsgebietes. Am östlichen Ortsrand entsteht derzeit ein neues Wohnbaugebiet (Bebauungsplan Nr. 51). Die Gemeinde erwägt, südöstlich dieses Baugebietes ein weiteres Wohngebiet auszuweisen (nordöstlich der Landesstraße L 307). Der geplante Windpark wird von den Bewohnern am östlichen Siedlungsrand als landschaftsbildprägendes Element wahrgenommen werden.
 Die Gemeinde sieht deshalb das Erfordernis, durch einen Bebauungsplan das Erscheinungsbild bzw. die optische Wirkung des Windparks zu steuern. Die Belange der Anwohner (Anforderungen an die Wohnqualität und an das Wohnumfeld) und die Belange der Energiegewinnung sollen im Bebauungsplan aufeinander abgestimmt werden. Die Gemeinde verfolgt das Ziel, ein verträgliches Nebeneinander von Wohnen und Energiegewinnung zu ermöglichen. 
Die Empfehlungsbeschlüsse an die Gemeindevertretung, die Aufstellungsbeschlüsse für den B-Plan Nr. 53 sowie für die 24. Änderung des Flächennutzungsplanes zu fassen, wurden durch den Bauausschuss am 20.08.2020 gefasst. Da die 24. Änderung bereits im Verfahren ist (ehem. Aldi-Grundstück), war die lfd. Nummer für die Änderung des Flächennutzungsplanes für das Windvorranggebiet auf Nr. 25 zu ändern.
In der Sitzung der Gemeindevertretung vom 24.09.2020 wurden die Beschlüsse zur Aufstellung der 25. Änderung des Flächennutzungsplanes und zur Aufstellung des B-Planes Nr. 53 gefasst. 
Gleichzeitig wurde beschlossen, dass mit der Ausarbeitung des Planentwurfes und der Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange ein Planungsbüro beauftragt werden soll. 
Nach erfolgter Ausschreibung der städtebaulichen Leistungen stimmte der Bauausschuss der Beauftragung des Planungsbüros „B2K und dn Ingenieure GmbH“ in seiner Sitzung vom 10.12.2020 zu.
Durch das Projektentwicklungsbüro „VSB Neue Energien Deutschland GmbH“ wurde eine Planung für die Errichtung zweier Windkraftanlagen mit Gesamthöhen von ca. 200 m und 229 m im Windvorranggebiet der Gemeinde Flintbek entwickelt. Diese Planung wurde in der Sitzung des Umwelt- und Wegeausschusses vom 30.09.2020 vorgestellt. Der entsprechende Genehmigungsantrag nach dem BImSchG ist am 25.01.2021 beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) eingegangen. Nach Abschluss der Vollständigkeitsprüfung des Antrages wurde die Gemeinde Flintbek am 26.05.2021 um Stellungnahme zum Vorhaben mit der Erteilung, bzw. Versagung des gemeindlichen Einvernehmens, nach § 36 Baugesetzbuch (BauGB) gebeten. 
Nach diversen Beratungen im Bauausschuss sowie in der Gemeindevertretung über die Sicherungsinstrumente der Bauleitplanung fasste die Gemeindevertretung in ihrer Sitzung vom 15.06.2021, nach Empfehlung des Bauausschusses, den Beschluss, die Zurückstellung nach § 15 BauGB zu beantragen und die Verwaltung mit der Durchführung der hierfür erforderlichen Schritte zu beauftragen.
Der Zurückstellungsantrag wurde durch die Gemeinde Flintbek am 06.07.2021 beim LLUR eingereicht. Der Zurückstellungsbescheid ist daraufhin am 11.01.2022 bei der Amts- und Gemeindeverwaltung eingegangen.
Die Entscheidung über den Genehmigungsantrag nach dem BImSchG ist ab diesem Zeitpunkt nunmehr für 12 Monate ausgesetzt. 
Nach mehreren Gesprächen zwischen der Amts- und Gemeindeverwaltung Flintbek sowie dem Vorhabenträger signalisierte die „VSB Neue Energien Deutschland GmbH“ die Bereitschaft, von der ursprünglichen Planung dahingehend abzuweichen, als dass zwei Windkraftanlagen mit je 200 m Gesamthöhe errichtet werden.
Durch Herrn Blumberg von der Kanzlei „RPM Dres. Ruge Purrucker Makowski – Partnerschaft mbB – Rechtsanwälte“, welcher durch die Gemeinde Flintbek mit der rechtlichen Beratung in der Angelegenheit beauftragt wurde, ist ein Vertragsentwurf ausgearbeitet worden, welcher sich in der finalen Abstimmung mit dem durch den Vorhabenträger beauftragten Rechtsbeistand befindet. Der Vertragsentwurf wird dem Hauptausschuss in der Sitzung am 30.08.2022 zur Beratung vorgelegt.

B Stellungnahme der Verwaltung

Um das Planungsziel, die Feinsteuerung und Mitgestaltung hinsichtlich der Errichtung von Windkraftanlagen im Windvorranggebiet (PR2_RDE_074) zu erreichen, wurde im Aufstellungsbeschluss zum B-Plan Nr. 53 festgelegt, dass unter anderem folgende Regelungen getroffen werden sollen:
-        zu den Standorten der Windkraftanlagen,
-        zu der zulässigen Anzahl der Windkraftanlagen,
-        zu der zulässigen Höhe der Windkraftanlagen,
-        zur äußeren verkehrlichen Erschließung,
(Da die öffentliche Straße 'Zur Heide' durch das Vorranggebiet führt, sind besondere 
Schutzvorkehrungen zu treffen.)
-        zur Nachtkennzeichnung

In Vorbereitung auf die anstehenden weiteren Beratungen wird auf die Stellungnahme der Kanzlei „WEISSLEDER EWER“ zu den Voraussetzungen und Grenzen der Feinsteuerung verwiesen. 
Die Bauleitplanung darf nicht dazu führen, dass der der Windenergie vom Gesetzgeber anerkannte substantielle Raum beschnitten wird. Gemäß geltender Rechtsprechung ist die Gemeinde verpflichtet, der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers (Regionalplan) Rechnung zu tragen und der Windenergienutzung in substantieller Weise Raum zu schaffen. 
Das verfolgte Planungsziel muss darüber hinaus städtebaulich begründbar sein.
Um vor der weiteren Beratung über die Aufstellung des B-Planes Nr. 53 sowie der 25. Änderung des F-Planes die Möglichkeiten, Risiken und Grenzen einer Bauleitplanung für das Windvorranggebiet der Gemeinde Flintbek aufzuzeigen, waren Herr Blumberg sowie Herr Jeß vom Stadtplanungsbüro „B2K und dn Ingenieure GmbH“ für eine diesbezügliche Erläuterung und Beratung der Sitzung des Bauausschusses am 17.02.2022 anwesend. 
Nach eingehender Beratung im Ausschuss folgte der Beschluss, dass ein Planungsgespräch mit der Landesplanungsbehörde, dem Referat für Städtebau und Ortsentwicklung und dem Kreis Rendsburg-Eckernförde geführt werden solle, um zu klären, ob eine Bauleitplanung Aussicht auf Erfolg hat.
Das Planungsgespräch mit der Landesplanungsbehörde und dem Referat für Städtebau und Ortsentwicklung hat am 20.05.2022 stattgefunden. Der Kreis Rendsburg-Eckernförde konnte kurzfristig nicht an dem Termin teilnehmen.
Im Nachgang zu dem Planungsgespräch wurde der Gemeinde Flintbek durch das Referat für Städtebau und Ortsplanung, Städtebaurecht eine schriftliche Stellungnahme übersandt.
In dieser wird angeführt, dass eine Regelung, die ausschließlich über einen städtebaulichen Vertrag erfolgt, basierend auf einem Rechtsurteil des OVG Lüneburg aus dem Jahr 2012, unwirksam ist und auf Grund der daraus resultierenden Rechtsunsicherheit die Option des alleinigen Abschlusses eines städtebaulichen Vertrages nicht empfohlen werde. „Ein städtebaulicher Vertrag, der an die Stelle der Entwicklungs- und Ordnungsfunktion der Bauleitplanung tritt und mit dem die Kommune die als erforderlich erachtete „Feinsteuerung“ der Windenergienutzung allein mit vertraglichen Mitteln zu bewirken versucht, ist mit der Ausgestaltung des Rechts der Bauleitplanung unvereinbar und daher unwirksam.“ (Urteil vom 8. März 2012 – 12 LB 244/10)
Die Option, zuerst den städtebaulichen Vertrag zu schließen und nach erfolgter Genehmigung einen Bebauungsplan aufstellen, würde zu dem gleichen Ergebnis führen. Der vorzeitige städtebauliche Vertrag alleine wäre ohne den dazugehörigen Bebauungsplan zur Realisierung der Planung nicht rechtsicher, da die Genehmigung weiterhin nach § 35 BauGB erfolgen würde. Damit der Vertrag seine Rechtssicherheit entfalten könne, müsse parallel auch die Bauleitplanung erfolgen. Darüber hinaus müsste für die weitere Durchführung eines Bauleitplanverfahrens, zum Zeitpunkt des Ablaufs der Zurückstellung nach §15 BauGB, eine Veränderungssperre nach §14 Baugesetzbuch beschlossen werden. Dafür ist allerdings das Vorliegen einer städtebaulichen Begründbarkeit von Nöten.
Nach Beratung über den Vertragsentwurf sowie über die vorliegende Rechts- und Sachlage ist im nichtöffentlichen Teil der Sitzung des Hauptausschusses am 31.08.2022 der Beschluss gefasst worden, die Bauleitplanung aufzuheben. Ein diesbezüglicher Empfehlungsbeschluss für die Gemeindevertretung ist allerdings durch den Bauausschuss zu bestätigen.
Der Vertrag könnte nunmehr, um Rechtssicherheit der vertraglichen Regelungen zu erhalten, als (öffentlich-rechtlicher) Vertrag geschlossen werden. Dieser würde nach Vertragsschluss Rechtswirksamkeit erhalten und stünde in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Bauleitplanverfahren. 
Herr Blumberg und Herr Jeß waren in der Bauausschusssitzung am 14.09.2022 anwesend und führten die verschiedenen Varianten nähergehend aus.
Der Bauausschuss fasste nunmehr am o.g. Sitzungstermin den Empfehlungsbeschluss den Aufstellungsbeschluss aufzuheben.

C Beschlussvorschlag

Die Gemeindevertretung beschließt den nachfolgenden Beschluss:

  1. Die Gemeindevertretung beschließt, den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan 53 der Gemeinde Flintbek für das Gebiet „An der Straße „Zur Heide“, östlich der Straße „Röthsoll“, südlich der Straße „Christiansruh“ (Vorranggebiet Windenergienutzung) aufzuheben.

  1. Der Aufhebungsbeschluss ist ortsüblich bekanntzumachen (§ 2 Abs.1 S.2 BauGB)

Beschluss 1

Da ein neuer Antrag vom Investor vorliegt, stellt Frau Schlegelberger-Erfurth den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt zu vertagen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 6, Dagegen: 12 , Enthaltungen: 0

Abstimmungsbemerkung
Der Antrag ist somit abgelehnt.

Beschluss 2

Die Gemeindevertretung beschließt den nachfolgenden Beschluss:
  1. Die Gemeindevertretung beschließt, den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan 53 der Gemeinde Flintbek für das Gebiet „An der Straße „Zur Heide“, östlich der Straße „Röthsoll“, südlich der Straße „Christiansruh“ (Vorranggebiet Windenergienutzung) aufzuheben.
  1. Der Aufhebungsbeschluss ist ortsüblich bekanntzumachen (§ 2 Abs.1 S.2 BauGB)

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 4 , Enthaltungen: 3

Datenstand vom 15.11.2022 08:42 Uhr