Solar-Freiflächenanlagen in der Gemeinde Flintbek hier: Grundsatzbeschluss über Planungsziele (SV)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Bauausschuss, 22.04.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bauausschuss Flintbek (Gemeinde Flintbek) Bauausschuss 22.04.2021 ö 5

Sachbearbeiter/in
Dönicke Marcel [deaktiviert]

Rechtliche Bedeutung

Solarenergie-Freiflächen-Anlagen sind bauplanungsrechtlich nicht privilegiert zulässig und bedürfen daher der Aufstellung eines Bebauungsplanes und der Ausweisung entsprechender Flächen im Flächennutzungsplan.

Finanzielle Auswirkungen

Ein gesamträumliches Rahmenkonzept würde für die Gemeinde Flintbek Kosten verursachen. Die späteren Kosten für die Bauleitplanung (B- und F-Pläne) würden durch mögliche Investoren getragen.

A Sachverhalt

Die Landesregierung Schleswig-Holsteins verfolgt das Ziel, die Solarenergienutzung verstärkt auszubauen. Bei der Solarenergienutzung handelt es sich um die Bereitstellung regenerativer Energien mittels Photovoltaikanlagen (Strom) und Solarthermieanlagen (Wärme). Dabei sollen die Potenziale auf Gebäuden und Freiflächen weiterentwickelt und genutzt werden. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Solarenergie-Freiflächen-Projekte bereits deutlich zugenommen. Im November 2020 existierten in Schleswig-Holstein Baurechte für rund 1.700 ha Solarenergie-Freiflächen-Projekte. Davon wurden bisher rund 750 ha umgesetzt. Der Landesplanung liegen formelle Planungsanzeigen für weitere Projekte mit einem Gesamtumfang von rund 500 ha vor.
Der weitere Ausbau soll möglichst raumverträglich und dabei auf geeignete Räume gelenkt und die Planung standortgerecht und unter Abwägung aller schutzwürdigen Belange erfolgen. Dabei sind vorrangig die Kommunen gefordert. Der Landesentwicklungsplan (LEP) gibt unter 4.5.2 Solarenergie zwar einen allgemeinen Rahmen vor, ist hierzu jedoch nicht so tiefgreifend wie es beispielsweise bei der Windenergie erfolgt ist. Solarenergie-Freiflächen-Anlagen ab einer Größenordnung von vier ha sind zudem grundsätzlich als raumbedeutsam nach § 3 Abs. 1 Nummer 6 Raumordnungsgesetz (ROG) einzustufen und unterliegen somit der raumordnerischen Prüfung durch die Landesplanungsbehörde.
Solarenergie-Freiflächen-Anlagen (Photovoltaik und Solarthermie) sind bauplanungsrechtlich nicht privilegiert zulässig und bedürfen daher der Aufstellung eines Bebauungsplanes durch die Gemeinde und der Ausweisung entsprechender Flächen im Flächennutzungsplan. Ausgangspunkt für die Planung auf Ebene der Flächennutzungsplanung ist gemäß § 5 Abs. 1 BauGB in der Regel die Betrachtung des gesamten Gemeindegebietes. Sinnvoll ist es, den Planungsansatz zunächst mit einem informellen Rahmenkonzept (Alternativprüfung) auf Basis der Identifikation der geeigneten Potenzialflächen einzuleiten, die Flächen mit den betroffenen Behörden vorabzustimmen und dann mit einem konzeptionellen Gesamtbild die mögliche Entwicklung für die öffentlich zu führende Diskussion zu veranschaulichen. Im weiteren Verlauf ist es der Gemeinde im Rahmen ihrer Vorplanung freigestellt, in welchem Umfang und Größe sie den Anlagen Raum geben will und kann. Gemäß § 1 Abs. 3 BauGB besteht kein Anspruch Dritter auf die Aufstellung eines Bebauungsplanes.
Der Ausbau der Solarenergie-Freiflächen-Anlagen soll laut Landesplanung jedoch auf geeignete Räume gelenkt werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Nutzung vorbelasteter Flächen bzw. die Wiedernutzbarmachung von Industrie- und Gewerbebrachen. In diesen Bereichen sollen Gemeinden und Planungsträger bevorzugt Potenzialflächen ermitteln. Als geeignete Suchräume kommen dabei in Betracht:
  • bereits versiegelte Flächen,
  • Konversionsflächen aus gewerblich-industrieller, verkehrlicher, wohnungsbaulicher oder militärischer Nutzung und Deponien,
  • Flächen entlang von Bundesautobahnen, Bundesstraßen und Schienenwegen mit überregionaler Bedeutung oder
  • vorbelastete Flächen oder Gebiete, die aufgrund vorhandener Infrastrukturen ein eingeschränktes Freiraumpotenzial aufweisen.
Dem gegenüber stehen jedoch die Belange des Umwelt- und Naturschutzrechts. Für die Standortplanung sind somit auch die Einflüsse und Wechselwirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser und Klima zu berücksichtigen. Folgende einschlägige umwelt- und naturschutzrechtliche Regelungen sind dabei zu beachten:
  • Aussagen der Landschaftsplanung (Landschaftsrahmenplan, kommunale Landschaftsplanung),
  • Biotopverbund und Schutzgebiete,
  • gesetzlich geschützte Biotope,
  • Artenschutzrecht,
  • Natura 2000 (FFH-Gebiete),
  • Bodenschutz,
  • Wasserhaushalts- und Hochwasserschutz.
Die genannten Punkte sind gemäß den jeweiligen Gesetzestexten zu berücksichtigen (BNatSchG, LNatSchG, WHG, LWaldG, etc.).
Die Landesregierung erarbeitet momentan einen Erlass zum Thema, der den beteiligten Behörden und Gemeinden Hilfestellung leisten soll. Er soll die zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen (landesplanerische, bauplanungs- und fachrechtliche Erfordernisse) und die berührten Fachbelange identifizieren und Planungsempfehlungen zu einer freiflächen- und ressourcenschonenden Ausgestaltung der Freiflächen-Anlagen geben. Der gemeinsame Erlass des MILIG und MELUND befindet sich noch in der Entwurfsphase und wird voraussichtlich noch in diesem Jahr von der Landesregierung verabschiedet.

B Stellungnahme der Verwaltung

Nicht nur der bevorstehende Erlass, sondern auch bereits an die Amts- und Gemeindeverwaltung gerichtete Anfragen zu Solarenergie-Freiflächen-Anlagen, lassen den Schluss zu, dass sich die Gemeinde Flintbek der Grundsatzfrage stellen muss, ob im Gemeindegebiet solche Anlagen politisch gewollt und umsetzbar sind. In Umlandgemeinden wie beispielsweise Bredenbek, Felde, Mühbrook oder Schönbek (alle Kreis Rendsburg-Eckernförde) sind bereits große Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen projektiert worden oder befinden sich noch in Planung.
In den letzten Jahren hat gerade im Bereich der Photovoltaik eine starke Weiterentwicklung der Technik stattgefunden, sodass die Anlagen immer wirtschaftlicher arbeiten und durch Großprojekte für Investoren interessanter werden, da sie mittlerweile selbst ohne stattliche Förderung ertragreich sind.
Dies sorgt wiederum dafür, dass die Kommunen (so auch in Flintbek) Anfragen von Flächeneigentümern oder Investoren erhalten, ob solche PV-Freiflächen-Anlagen im Gemeindegebiet umsetzbar wären. Da nicht nur die Gemeinde Flintbek, sondern auch andere Gemeinden, mit solche Anfragen zum ersten Mal konfrontiert werden und es bis zur Verabschiedung des oben genannten Erlasses noch keinen verbindlich existierenden Handlungsleitfaden gibt, sehen sich die Kommunen zahlreichen Fragen gegenübergestellt wie mit diesem Thema umzugehen ist. Der Landes-Erlass wird hierfür zumindest den bauplanungsrechtlichen und fachlichen Rahmen liefern. Die Entscheidung, ob und wo solche Flächen ausgewiesen werden trifft zu Beginn des Verfahrens jedoch die jeweilige Gemeinde (bzw. interkommunal).
Diese Sitzungsvorlage soll somit einen Anstoß geben, in welche Richtung die Gemeinde Flintbek beim Thema Solarenergie-Freiflächen-Anlagen in absehbarer Zeit gehen möchte. Das Für und Wider ist abzuwägen und eine zukunftweisende Entscheidung zu treffen. Da die persönlichen Einstellungen und Meinungen gerade bei solchen Themen (ähnlich wie bei der Windenergie) weit auseinandergehen, soll an dieser Stelle nicht weiter auf Vor- und Nachteile solcher Anlagen eingegangen werden. Vielmehr soll abgeschätzt werden, ob solche Freiflächen-Anlagen im Gemeindegebiet generell umsetzbar wären.
Sicherlich lassen sich auf Grundlage der im Sachverhalt genannten Suchkriterien einzelne Flächen finden, die für eine solche Nutzung infrage kommen könnten. In Flintbek, mit seinem ausgeprägten Relief bestehend aus der Moränenlandschaft und der Eiderniederung, ist die Suche nach Potenzialflächen jedoch bereits stark eingeschränkt. Darüber hinaus sind die durch die Suchkriterien infrage kommenden Flächen entlang von Bahnlinien oder an Industrie- und Gewerbegebieten in Flintbek durch teilweise sich überlagernde Schutzgebiete (FFH-Gebiet der oberen Eider inklusive Seen und LSG der oberen Eider) fast von der Nutzung ausgeschlossen. Zudem reduzieren die zahlreichen Biotope und Biotopachsen, die ökologisch und für die Naherholung von unschätzbaren Wert sind, die Flächenakquise obendrein. Hier sind beispielsweise die drei großen Moore zu nennen.
Unter Ausschluss der eben genannten Bereiche, blieben für Flintbek als eingeschränkten Suchradius nur Flächen, die sich östlich der Bahnlinie befinden. Diese, meist im Randbereich des Gemeindegebiet befindlichen Potenzialflächen, stehen wiederum in Flächenkonkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung.
Anhand dieses kurzen Exkurses zeigt sich, wie komplex und anspruchsvoll eine solche Flächensuche für potenzielle Standorte von Solarenergie-Freiflächen-Anlagen ist. Ein Bauantrag allein reicht in einem solchen Fall zurecht nicht aus, gerade weil zahlreiche Aspekte abgewogen werden müssen. Die Gesetzeslage und die Vorgaben der Landesplanung, hier entsprechende Bebauungspläne und Flächennutzungsplan-Anpassungen aufzustellen, sind demnach richtig und wichtig um nachhaltig und transparent zu handeln.
Um bereits im Vorfeld geeignete Flächen zu identifizieren, schlägt die Landesplanung eine Alternativprüfung in Form eines informellen Rahmenkonzeptes vor, welches das gesamte Gemeindegebiet betrachtet. Für diese Bewertung sei jedoch zunächst zu beraten und zu verdeutlichen, in welchem Umfang und auf Basis welcher Kriterien die Gemeinde Flintbek Bauleitplanung für Solarenergie-Freiflächen-Anlagen anstrebt. Sinnvoll und von der Landesplanung ausdrücklich gewünscht, sind hier auch interkommunale Betrachtungen vorzunehmen, sei es auf Amtsebene oder darüber hinaus. Auf Grundlage dieser Grundsatzposition sei dann zu prüfen, inwiefern gegebenenfalls eine amtsweite Potenzialflächenuntersuchung und Konzeptentwicklung erforderlich erscheint.
Unabhängig von dieser Entscheidung sollte jedoch bei einer zukünftigen Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes, aber auch des Landschaftsplanes, ohnehin darauf geachtet werden, dass sogenannte „Sonderbauflächen“ oder „Sondergebiete Photovoltaik bzw. Solarthermie“ darin Berücksichtigung finden.

Aus dem Sachverhalt und der Stellungnahme der Verwaltung ergeben sich die zwei nachfolgenden Beschlussvarianten, über die zu diskutieren und zu entscheiden ist.

C Beschlussvorschlag

  1. Der Bauausschuss empfiehlt der Gemeindevertretung, dass die Verwaltung damit beauftragt wird, ein gesamträumliches Rahmenkonzept zur Nutzung von Solarenergie-Freiflächen-Anlagen zu erarbeiten, aus dem dann potenzielle Flächen hervorgehen können. Dies kann auch auf interkommunaler Ebene erfolgen (Amt).
  2. Der Bauausschuss empfiehlt der Gemeindevertretung, dass die Gemeinde Flintbek die mögliche Nutzung der Solarenergie-Freiflächen-Anlagen mangels geeigneter Flächen nicht präzisiert und somit vorerst nicht weiterverfolgt. Bei eingehenden Bauanfragen ist entsprechend ablehnend zu handeln.

Diskussionsverlauf

Herr Brede erklärt, dass die Verwaltung im Vorwege Anfragen zur Aufstellung von Solarenergie-Freiflächen-Anlagen erhalten hat.
Die Landesplanung verwies auf Nachfrage hinsichtlich der Realisierungsmöglichkeiten innerhalb des Gemeindegebietes durch die Verwaltung, dass sich die Gemeinde Flintbek grundsätzlich zur Aufstellung von Solarenergie-Freiflächen-Anlagen zu positionieren habe.
Er berichtet im Weiteren, dass die Voruntersuchungen durch ein Planungsbüro sich kostentechnisch für die Ermittlung von Potenzialflächen auf ca. 3.000 €, bei einer detaillierten Prüfung mit der Erstellung eines Rahmenkonzeptes auf ca. 10.000 € belaufen würden.
Die Errichtung der Anlagen sei allerdings immer mit einem Bauleitplanverfahren sowie der Änderung des Flächennutzungsplans verbunden, was zudem Kosten erzeugt. Die daraus resultierenden Planungs- und Erschließungskosten könnten durch eine Kostenübernahmeerklärung durch einen möglichen Investor getragen werden.
Herr Hermann betont, dass er offen gegenüber der Aufstellung von Solarenergie-Freiflächen-Anlagen stehe, die Verwaltung allerdings noch nicht für ein weiteres Handeln beauftragt werden sollte. Er halte es für sinnvoll, den Erlass des Landes zur diesbezüglichen Thematik abzuwarten und anschließend weitergehende Beschlüsse zu fassen.
Herr Kernke-Robert schließt sich Herrn Hermann an und verweist zudem darauf, dass kein Zeitdruck bestehe.
Herr Muhs ergänzt zudem, dass sich bis zur Veröffentlichung des Landeserlasses innerhalb der Fraktionen abgestimmt werden könne.
Herr Holsten formuliert folgenden Antrag:

Beschluss

Weitere Beratungen und Beschlüsse sowie die daraus resultierende Verwaltungsarbeit zur Thematik des Aufstellens von Solarenergie-Freiflächen-Anlagen im Gemeindegebiet Flintbeks wird bis zum Vorliegen des Landeserlasses zurückgestellt.

Abstimmungsergebnis
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 25.05.2021 14:59 Uhr